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ATARI 5200 – Der Zweitschlag des Branchengiganten

Mit aller Kraft: der ATARI 5200 sollte retten was noch zu retten war.
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Erfolgsverwöhntes Einzelkind

Trotz des überragenden Erfolgs des ATARI 2600, bzw. ATARI VCS wie er in den Staaten bezeichnet wurde, war Hersteller ATARI natürlich nicht alleine am Markt. Es gab das Fairchild Channel F, den Bally Astrocade und die bekannte Magnavox Oddysey. Die Technik des ATARI 2600 war mehr als beschränkt und so kam 1979 mit dem Intellivision von Mattel eine deutlich leistungsfähigere Maschine auf dem Markt. Mattel bewarb diese auch aggressiv mit dem Leistungsvorteil, sodass ATARI sich zwangsläufig Gedanken um Produktnachwuchs machen musste.

Der Bruder den niemand wollte

ATARI sah bereits die Felle davonschwimmen und musste dringend Marktanteile sichern. Den Kaliforniern blieb nichts anderes übrig als eine neue, leistungsfähigere Konsole auf den Markt zu bringen, die mindestens dem Intellivision das Wasser reichen konnte. Nach Möglichkeit sollten auch neue Käuferschichten erschlossen werden. Aus diesem ambitionierten Kinderwunsch heraus erblickte 1982 der ATARI 5200 erstmals der Licht der Öffentlichkeit. Die Technik darin ist mit der des Heimcomputersystem Atari 400/800 nahezu identisch, doch leider vollständig inkompatibel. So schuftet zwar in allen diesen Systemen ein MOS 6502 Prozessor mit sagenhaften 1,79 MHz, doch ATARI verpasste hier bereits die eine große Chance. Aufgrund mangelnder Abwärtskombatibilität konnten auch die Module des Vorgängers ATARI 2600 nicht weiterverwendet werden. Der nächste grobe Fehler, der von ATARIs Chefetage verantwortet werden muss. Die Konsole war deshalb nur wenig attraktiv. Obendrein kam ATARIs Spross zu einem Zeitpunkt auf die Welt, als der Videospielemarkt bereits zu kriseln begann. Als ginge es nicht schlechter, brachte Coleco zeitgleich eine noch potentere Maschine auf den Markt, die sogar mit Lenkrad und Pedalen aufwartete: das Colecovision. Dieses konnte nahezu 1:1 Portierungen von Spielhallen-Hits auf den heimischen Fernseher zaubern!

Das Ende

Es kam wie es kommen musste: nur sehr wenige Käufer entschieden sich für eine ATARI 5200 Konsole. Im Ergebnis wurden auch nur 69 Spiele produziert und veröffentlicht. Dabei muss jedoch festgehalten werden, dass diese allesamt qualitativ hochwertige Umsetzungen der jeweiligen Heimcomputerversionen waren.

Da mit passendem Zubehör von den Herstellern noch gutes Geld verdient werden konnte, gab es von ATARI beispielsweise noch einen Trackball-Controller und einen ATARI 2600 Adapter. Letzterer war der vergebliche Versuch, die fehlende Abwärtskompatibilität doch noch herzustellen. Mit einem letzten Gewaltschuss verbaute man einen kompletten ATARI 2600 in diesem Adapter, um die alten Module abzuspielen. Doch der Versuch an dieser Konsole noch etwas zu retten scheiterte. War es doch schon viel zu spät, als dass die Käufer noch in Ihrer Entscheidung für einen ATARI 5200 hätten beeinflusst werden können. Außerdem kann man sich zurecht fragen warum man nachträglich noch Geld für einen Adapter ausgeben soll, wenn man schon die passende Konsole daheim hat. So wäre dies allenfalls ein Argument für neue Käuferschichten gewesen, um die verfügbare Spielepalette zu vergrößern, die zum Start jeder neuen Konsole eher gering ist. Zu spät.

Nach dem Crash 1983 wurde die Produktion des ATARI 5200 dann 1984 eingestellt. Die ursprünglich geplante Einführung in Europa fand daher niemals statt. Aus diesem Grund ist der 5200er, außer bei eingefleischten ATARI Fans, in Europa auch so gut wie unbekannt.

Mein ATARI 5200

Letztlich bin ich nur auf die Konsole aufmerksam geworden, weil Winnie Foster, ehemaliger PC Player Redakteur und Gründungsmitglied der Maniac (M! Games) in seiner unentbehrlichen Fibel für den geneigten Konsolensammler „Spielkonsolen und Heimcomputer“ darüber schrieb. Anders hätte ich wohl nie von ATARIs Versuch dieser Nachfolgekonsole erfahren.

Wer das Gerät heute besitzen möchte, wird überwiegend in den USA fündig. Es gibt zwei unterschiedliche Versionen: eine mit 4 Joystickports und eine abgespeckte Variante, die nur zwei Anschlüsse bietet. Bei der 4-Port-Version des ATARI 5200 muss dringend darauf geachtet werden, dass der TV-Modulator im Lieferumfang enthalten ist. Dieser dient sozusagen als An-und Ausschalter. In der 2-Port-Version wurde dieses Feature dieser Bug zum Glück wieder abgeschafft. Ein weiteres Problem sind die Joysticks selbst, die – typisch ATARI – nicht gerade die besten waren. Ersatzteile und aufgearbeitete Sticks sind auf dem amerikanischen Markt jedoch gut verfügbar. Je nachdem wie viel Geduld man beim Bieten mitbringt und welchen Zustand und Ausstattung die auserwählte Konsole hat, muss man mit 50$ bis 100$ für diesen ATARI Auswuchs rechnen. Dazu kommen noch Versand und ggf. Zollgebühren.

Spiele ohne Verpackung gibt es als Bundle relativ günstig, sodass dem schnellen Spieleinstieg nichts mehr im Wege stehen sollte. Wer nur komplette Spiele mit Anleitung und Box haben möchte, muss schon länger schauen und vor allem tiefer ins Portemonnaie greifen.

Das PAL/NTSC Dilemma

Zu beachten ist noch, dass es sich beim ATARI 5200 um eine NTSC-Konsole handelt. Zum Betrieb empfehle ich deshalb einen NTSC fähigen Röhrenfernseher – und selbst da ist einiges an Fummelei im Sendersuchlauf von Nöten, bis man endlich ein farbiges Bild zu sehen bekommt. Obgleich moderne Flachbildschirme sowohl NTSC als auch PAL unterstützen sollen, halte ich den Betrieb für nahezu ausgeschlossen. Solltet ihr andere Erfahrungen gemacht haben, so schreibt doch einen Kommentar. Außerdem benötigt man unbedingt einen Step-Down-Konverter, da das amerikanische Stromnetz mit 110V läuft und unsere 220V für die ATARI 5200 Konsole zwangsläufig herunter transformiert werden müssen. Der ATARI 5200 ist allerdings kein Stromfresser, sodass ein einfacher Konverter völlig ausreicht.

So ist der ATARI 5200 für mich ein Stück Videospiel-Historie geworden und ich bin sehr glücklich ihn in meiner Sammlung zu haben – trotz all seiner Ecken und Kanten!

Olli & Axel

Quellen: Das Bild des ATARI 5200 Mainboards entstammt Wikipedia (Public Domain), alle anderen Bilder sind eigene Aufnahmen.

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