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Die Götter sind tot, es lebe die Banner Saga!

Wikingerschlachten vor malerischer Kulisse
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Wertung

8.5
10 Grafik
7 Sound
9 Story
10 Atmosphäre
7 Anspruch/Schwierigkeit
8 Gameplay

Schon fast zwei Jahre ist es her, als The Banner Saga erschienen ist. Das Wikingerspiel, welches durch Kickstarter finanziert wurde, stammt von ehemaligen BioWare-Mitarbeitern, welche sich zum Stoic Studio zusammengeschlossen haben. Da dieses Projekt als Trilogie geplant ist und am 19. April dieses Jahres nun auch der zweite Teil zu The Banner Saga veröffentlicht wird, werfen wir doch mal einen Blick zurück auf diese Indie-Perle des Strategie-Genres, die mit nordischem Flair und einem eisigen Hauch von dezent fatalistischer Endzeitstimmung aufwartet.

Winter is coming – Von Varls und Menschen

Die Sonne steht still. Einfach so. Eines undefinierten Tages hat sie aufgehört, ihre Runden zu drehen und prangt seitdem ungerührt am Firmament. Die Götter sind tot und mehrere große Kriege haben das frostige Land bereits zerrüttet. Menschen und Varls (riesenhafte Gestalten mit Hörnern) kämpfen um ihr Überleben, denn die Welt wird seither von einer übernatürlichen Plage heimgesucht. Die Dredge (zu Deutsch Wüter) – eine totgeglaubte Rasse aus Riesen in steinernen Rüstungen – sind gesichtet worden und plündern und zerstören seitdem immer mehr Dörfer und größere Siedlungen. Zudem erschüttern schwere Erdbeben den Kontinent und zerklüften ganze Landschaften und Gebirgsketten. Um mit dieser Bedrohung fertig zu werden, müssen Menschen und Varls neue Bündnisse schließen. Während des Spiels schlüpft man in die Rollen mehrerer Charaktere. Ähnlich wie bei Game of Thrones erlebt man die Geschichte aus mehreren Perspektiven und muss Entscheidungen treffen, die den Ausgang dieser beeinflussen.

Wie man merkt, ist die Welt von The Banner Saga ein raues Pflaster, welches viele Mythen und Geheimnisse enthält, die es zu enträtseln gilt. Besonders schön daran ist das unverbrauchte Setting. Die Lore dieser Welt ist komplex und das merkt man im Detail. Wenn Andeutungen zu großen Kriegen zwischen Varls und Menschen gemacht werden oder man an einem verlassenen Götterstein im Wald vorüberzieht, kommt besonders viel Atmosphäre auf. Da steckt wirklich was dahinter und jede noch so vage Andeutung macht Lust auf mehr!

Hab ich da einen Pfeil im Auge? Von epischen Gefechten und kleinen Schockern

Wer Schlachten schlagen und gewinnen will, muss sich jeden Zug gut überlegen. The Banner Saga ist ein Rundenstrategiespiel mit einigen wenigen Rollenspielelementen. Ihr habt je nach Story-Abschnitt unterschiedliche spielbare Charaktere zur Auswahl, von denen es insgesamt stolze 25 gibt. Oh ja, eine stattliche Zahl, bei der muss und wird es aber nicht bleiben. Das Besondere an diesem Wikingerspiel ist nämlich, dass eure Handlungen Konsequenzen haben. Je nachdem, wir ihr euch in Gesprächen entscheidet oder wie ihr euch auf eurer Reise bei unvorhergesehenen Ereignissen verhaltet: Der weitere Verlauf der Geschichte wird davon beeinflusst. Wenn ihr in einem Streit die falsche Position vertretet, kann die Situation durchaus eskalieren und einem eurer Charaktere den Kopf, das Auge oder vielleicht sogar beides kosten. The Banner Saga scheut sich nicht, dem Spieler auch Unbequemes zuzumuten.

Ebenso können Figuren, die im Kampf fallen, tatsächlich irgendwann ihren schweren Verletzungen erliegen und sterben. Der Charakter ist damit für euch verloren und die Geschichte geht ohne ihn weiter. Und das ist ernst gemeint. Das Spiel speichert automatisch und ein einfaches Neuladen des gerade gespielten Abschnittes ist nicht möglich. Da kriegen Perfektionisten schonmal nervöses Augenzucken. Ihr müsst wie in der realen Welt mit eurer Entscheidung leben und die Konsequenzen tragen. So ist man sich in seinen Handlungen nie zu sicher und spürt immer den leisen Zweifel im Nacken, ob man sich an der ein oder anderen Stelle nicht doch hätte anders entscheiden sollen.

Spielerisch gliedert sich The Banner Saga in mehrere Teile auf. Hauptsächlich zieht ihr mit eurer aktuellen Charaktergruppe und einer mal größer, mal kleiner ausfallenden Karawane durch einsame Landschaften zu neuen Siedlungen und Städten, um der Bedrohung durch die Dredge zu entkommen. Zwischendurch muss die Karawane rasten und es werden Vorräte gekauft oder Gespräche geführt. Auf den langen Reisen ist es wichtig, ein Auge auf die Moral und die Gesundheit eures Gefolges zu haben. Auch mehr oder weniger zufällige Events können eintreten, bei denen eure Meinung gefragt ist. Wenn ein Wagen voll mit lebenswichtigen Vorräten am Abgrund einer Klippe hängt, fragt man sich, ob man das Leben eines der Charaktere riskieren soll oder aber Gefahr läuft aufgrund von Nahrungsmittelknappheit einen Teil seiner Truppe zu verlieren. Denn es ist ungewiss, wann das nächste Dorf in Sicht ist und man die Vorräte wieder aufstocken kann.

Die Kämpfe sind taktisch anspruchsvoll und erfordern ein wohlüberlegtes Vorgehen. Durch den möglichen Verlust von Charakteren, gewinnen die Kämpfe ungemein an Brisanz. Bis zu sechs Helden könnt ihr gleichzeitig in den Kampf schicken. Dabei haben die Kämpfer jeweils einen Schild- und einen Stärke-Wert, der gleichzeitig die Lebensenergie repräsentiert, die ihr taktisch klug dezimieren müsst. Eure Kämpfer haben dabei unterschiedliche Nah- und Fernkampfklassen und ihr müsst sie auf einem Schlachtfeld mit Raster-Anordnung für den nächsten Zug in Stellung bringen. Der Schwierigkeitsgrad zieht dabei im Verlauf des Spiels ziemlich straff an und die Kämpfe können ganz schön knackig werden. Wer Spiele wie Final Fantasy Tactics oder Fire Emblem mag, wird auch an diesem Wikingerspiel seine Freude haben. Die Rollenspielelemente sind allerdings gering ausgeprägt. Eine wirkliche Charakterentwicklung ist nicht möglich. Ihr könnt zwar mit euren Helden jeweils 5 Stufen aufsteigen, aber ein Level-Up wird euch nicht allzu regelmäßig vor die Füße fallen. Auch verfügt ein Charakter nur über einen Ausrüstungsslot. Dadurch verpasst das Spiel einige Chancen auf noch mehr taktische Tiefe.

Eine stumme nordische Fantasy-Schönheit

Bei all der Dramatik gibt es zum Glück auch einen Gegenpol, denn richtig punkten kann The Banner Saga mit der Optik. Die handgezeichneten Grafiken sind einfach wunderschön anzuschauen und zaubern eine Atmosphäre auf den Bildschirm, die ihres gleichen sucht. Der Stil ist sehr individuell und einprägsam. Zwar sind die Animationen hier und da etwas spärlich gesät, aber die liebevollen Details und malerischen Hintergründe runden das Bild im wahrsten Sinne des Wortes ab. Alles wirkt wie aus einem Guss. Wenn man mit seiner Truppe durch die einsamen verschneiten Wälder zieht, entsteht eine ganz besondere Stimmung. Der Art-Style ist inspiriert von den Arbeiten des Künstlers Eyvind Earle, welcher für den Disney-Klassiker Dornröschen bekannt ist.

Zum optischen Eindruck kommt eine stimmungsvolle Soundkulisse hinzu. Der Soundtrack von Austin Wintory, welcher unter anderem auch schon den Score für Journey komponiert hat, fügt sich nahtlos in das Gesamtbild ein. Wenn die Männerchöre und das Orchester einsetzen, verleiht dies dem Spiel den letzten zarten Hauch sehnlichst gewünschter Wikinger-Romantik und lässt einen ganz schwelgerisch die Szenerie betrachten. Die Sprachausgabe ist zwar englisch, aber dafür leider so gut wie nicht vorhanden. Lediglich am Anfang begrüßt uns das Spiel mit einer Erzählerstimme und einem gesprochenen Monolog. Das war’s dann aber auch schon. Man wünscht sich eine Vertonung auch für die normalen Dialoge im restlichen Spiel. Davon wurde jedoch – sicherlich aus Budgetgründen – leider abgesehen. Die restliche Handlung wird nur in Textboxen vermittelt. Die Untertitel und Textanzeigen sind dafür in 8 Sprachen, darunter auch deutsch, wählbar. Leider ist die Übersetzung nicht ganz sauber und es kommt ab und an vor, dass man trotz anders gewählter Sprache doch über einen englischen Bildschirmtext stolpert.

Mein Fazit zu The Banner Saga

Kunstvoll ist hier einfach das Wort der Stunde. The Banner Saga erfindet das Rad, was Strategiespiele angeht, nicht neu, aber durch das fast perfekte Ineinandergreifen aller Elemente entsteht ein einmaliges Spielerlebnis. Die Atmosphäre dieses Wikingerspiels ist wirklich besonders und zieht in ihren Bann und durch das offene Ende freut man sich schon darauf, bald wieder in diese Welt eintauchen zu dürfen. Ich hoffe, dass auch der demnächst erscheinende zweite Teil die Qualität seines Vorgängers beibehält und vielleicht bei der Vertonung noch eine Schippe drauf packt, was diesem ohnehin schon schönen Spiel noch das Wikinger-Krönchen aufsetzen würde. Wir bleiben gespannt und freuen uns auf eine Rückkehr in diese frostig-schöne Fantasy-Welt.

Für rund 20 Euro könnt ihr euch das Spiel auf Steam sowie im Humble Store kaufen. Bei gog.com könnt ihr derzeit sogar noch 3 Euro sparen. Zudem ist das Spiel auch für die neueste Konsolengeneration sowie für die mobilen Plattformen erhältlich.

The Banner Saga

Lust auf einen langen Marsch durch wunderschöne und verschneite Landschaften? Diese raue Wikingerwelt fasziniert mit Story, einer einzigartigen Ästhetik, Gameplay und harten Entscheidungen. Für Strategie-Fans ist The Banner Saga ein Muss!

Quellen: Alle Angaben und Screenshots entstammen der Webseite von Stoic Studio und eigenen Aufnahmen aus dem Spiel selbst.

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