Dass die zweite Retrobörse in Mannheim eine ganz heiße Angelegenheit werden würde, war schon einige Tage vor der Veranstaltung sonnenklar: 40°C im Schatten wurden vorausgesagt und traten dann auch ein. Trotzdem ließen es sich rund 150 Leute nicht nehmen, schon vor Öffnung um 11 Uhr eine Schlange vor der Kasse zu bilden. Wir waren auch dabei!
Die 2. Retrobörse Mannheim liefert Sammlern ein Eldorado
Während alle in der Hitze vor dem Eingang schmorten, verkürzte Tronimal die Wartezeit mit Sounds aus dem Gameboy. Er spielte live direkt vor der Halle im Park. Die Türen gingen dann schon einige Minuten vor 11 Uhr auf und die Leute stürmten die Stände, die sich in einer großen Halle samt Bühne und einem Nebenraum befanden.
Dass der große Andrang schlussendlich ausblieb war für die Aussteller natürlich etwas schade. Aber eins war sicher: Wer bei dieser Hitze vor Ort war, wollte auch seine Sammlung erweitern! Ein „ich guck nur mal“-Publikum war bei diesem Wetter nicht zu erwarten. Das war bei einigen, die voll bepackt die Hallen verließen, auch nicht zu übersehen.
Ich persönlich empfand es als eine sehr entspannte Retrobörse. Kein Gedrängel und die Hitze innerhalb des Gebäudes war sogar noch recht erträglich. Dass diesmal viele Computersysteme zum Verkauf standen, freute mich besonders. Das war meinerseits schon öfters der Kritikpunkt: Zu viele Konsolen, zu wenig Computer.
Trotzdem ist und bleibt die Vectrex ein Konsolen-Hingucker. Retrogames e.V. hatte sogar eine zum Bespielen aufgebaut. Wenn ich richtig geschaut habe, standen insgesamt drei Vectrex zum Verkauf. Eine davon war ziemlich schnell weg, über Preise schweigen wir uns lieber aus. Damit ihr vom bunten Treiben der Retrobörse auch einen kleinen Eindruck bekommt, folgen hier ein paar Bilder:
Fazit: Heißer Kandidat auf Wiederholung!
Die Mannheimer Retrobörse dürfte sich spätestens mit dieser Ausgabe etabliert haben. Das Rahmenprogramm u.a. mit Tronimal, Retrogames e.V, dem Verein für klassische Computer sowie dem Verein zum Erhalt und der Bewahrung von digitalem Kulturgut M-E-G-A ist schon allein eine Reise wert.
Die Preise für Speis und Trank waren wie immer human und wenn man seine Sammlung auch noch erweitern oder komplettieren kann… Was will man mehr? Und wer es schafft trotz dieser Wetterlage so viele Leute aus dem Schwimmbad respektive Garten in eine Sporthalle zu lotsen, der muss etwas richtig machen!
Interview mit dem Retrobörsen Organisator
Schon vor der Börse konnte ich das Orga-Mitglied Jens Brinkmann dazu gewinnen, mir ein paar Fragen per eMail rund um die Retrobörse zu beantworten:
PN: Hallo Jens. Vorab vielen Dank für die Beantwortung meiner Fragen. So kurzfristig vor der Börse hast du sicher auch anderes zu tun! Also machen wir es ganz schnell! ;) Nach dem großen Erfolg der ersten Retrobörse in Mannheim habt ihr nun eine größere Location bezogen. Hattet ihr im Vorfeld mit diesem großen Erfolg gerechnet?
Jens: Vor der ersten Börse in Mannheim haben wir ja bereits mit Retrogames e.V. Börsen in Karlsruhe veranstaltet. Die sind gut angenommen worden und deshalb waren wir davon überzeugt, dass ein Standort im Südwesten funktioniert. Die Börse selber hat dann von den reinen „Kennzahlen“, Besucher und Aussteller, jedoch alle Erwartungen übertroffen. Mit der Retrobörse und der Resonanz vor Ort waren wir sehr zufrieden. Allerdings hat bei der Veranstaltung irgendein verwirrter Geist eine Tüte mit altem Käse platziert, da überwiegt dann eher die Fassungslosigkeit. [Anmerkung der Red.: Ja, das war damals ziemlich kurios, auf der jetzigen Retrobörse war diesbezüglich alles OK :-) ]
PN: Wie „sieht“ in deinen Augen der typische Retrobörsenbesucher aus?
Jens: Puh, das ist wirklich kaum zu beantworten ohne Klischees bedienen zu müssen, wie Nerds, Hipster, Schnäppchenjäger,… Wir hören oft, die Besucher der Retrobörse hätten sich verändert und es würden zu viele Leute kommen, die nichts mit der Szene am Hut hätten. Das finde ich schwierig zu beurteilen, aber ich glaube die Börse ist parallel zur Szene gewachsen und die Veränderungen gehen auch Hand in Hand. Kurzum, es ist immer noch ein Szenetreff, aber die Szene hat sich in den letzten zehn Jahren gewaltig verändert.
PN: Neben der eigentlichen Retrobörse habt ihr auch immer ein großes Rahmenprogramm. Diesmal unter anderem mit Tronimal und einer Ausstellung von Retrogames e.V. Das Rahmenprogramm hat sich quasi zu einem Event im Event gemausert hat. Wie ist die Resonanz der Besucher?
Jens: Das Rahmenprogramm war für uns immer ein wichtiger Teil der Börse und ist an den einzelnen Standorten ja unterschiedlich organisiert. Z.B. in Oberhausen ist das Programm komplett ausgelagert und man kann es unabhängig von der Börse kostenfrei besuchen. Das ist in diesem Jahr sehr gut angenommen worden. Zwar gibt es auch viele Börsenbesucher, die kein Interesse an dem Programm haben, aber viele haben sich die Ausstellungen angeschaut und auch beim Bühnenprogramm waren immer ausreichend Besucher. Das Feedback während der Veranstaltung war durchweg positiv. In Mannheim hingegen haben wir keinen separaten Bereich, sondern die Ausstellungen sind in diesem Jahr mehr in die Börse integriert. Sie dienen ja auch dazu, dass die verschiedenen Organisationen und Vereine, die in diesem Jahr beteiligt sind, sich präsentieren können. Auf die Resonanz hierzu sind wir sehr gespannt.
PN: Die Retrobörse findet in Deutschland regelmäßig neben Mannheim und Karlsruhe auch im Ruhrgebiet sowie Bayern statt. Damit ist der (Süd)Westen gut abgedeckt. Man hört des öfteren dass im Norden und Osten Deutschlands eine solche Börse gerne gesehen würde. Habt ihr Planungen diesbezüglich?
Jens: Gerade für den Aufbau einer neuen Retrobörse braucht es viel Zeit und Kraft und da sind wir mit den Standorten Mannheim und Fürth zurzeit gut ausgelastet. 2016 wollen wir eine weitere Retrobörse in NRW und auch eine Nordbörse ins Leben rufen. Zusätzlich soll die Börse in Wien nach kurzer Pause wieder stattfinden. Das ist aber alles noch nicht spruchreif. Für den Osten planen wir bisher nichts. Grundsätzlich ist unsere Zukunftsplanung, dass wir mehr, auch kleinere Börsen, an unterschiedlichen Orten machen wollen. Das könnte die steigende Nachfrage bedienen und gleichzeitig die Events nicht immer größer und damit unpersönlicher werden lassen.
PN: Kein Geheimnis mehr ist die Planung eines Videospielarchivs mit angeschlossenem Museum. Erläutere kurz was es damit auf sich hat. (Ja, ich weiß, sowas geht ich nicht in zwei Sätzen. Du hast alle Freiheiten!)
Jens: Grundsätzliches Ziel des Videospielarchivs ist die Sicherung und das zugänglich machen des Kulturgutes Computer- und Videospiele. Das umfasst neben Hard- und Software auch Bücher, Zeitschriften, Merchandise und vieles mehr.
Die Idee ein Videospielarchiv ins Leben zu rufen, ist zusammen mit einer Reihe anderer Sammler entstanden, die wie ich selber nicht nur ganz kleine Sammlungen haben. Grundsätzlich stellt sich wahrscheinlich bei jeder größeren Sammlung irgendwann die Sinnfrage. Der Verbrauch an Ressourcen ist einfach enorm. Neben Platz, braucht man Geld für Neuanschaffungen und Zeit für Pflege und Wartung der Bestände. Unser Ziel war es also zunächst, die Ressourcen zu bündeln und Teilbestände der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Zum einen geschieht dies durch (relativ) regelmäßige Ausstellungen und zum anderen soll dies durch einen tatsächlichen Ort „Archiv“ geschehen. In dieses Archiv sollen dann zunächst unsere Papierbestände überführt werden. Bücher, Zeitschriften, Kataloge und Werbematerialien, usw. Mittelfristig planen wir auch unsere Softwarebestände in das Archiv zu überführen. Ein Sammlungsschwerpunkt ist hierbei die deutsche Computer- und Videospielgeschichte.
Einen kleinen Raum für das Archiv haben wir hier in Bochum angemietet und sind zurzeit mit Renovierungsarbeiten beschäftigt. Wir hoffen ihn in den nächsten Wochen beziehen zu können. Die Museumsplanungen laufen parallel und vom Standort unabhängig. Da sind wir deutlich weniger weit, auch weil natürlich der finanzielle Aufwand für ein Museum ungleich höher ist und nicht aus vorhandenen Mitteln finanziert werden kann.
PN: Und zum Schluss: Dein ganz persönlicher Wunsch für die (Retro-)Zukunft?
Jens: Für mich persönlich wünsche ich mir ein Bally Astrocade. So war die Frage aber wahrscheinlich nicht gemeint. :) Vielleicht mehr Liebhaberei und weniger Geld, Ego und Statusdenken bei allen die mit „Retro“ zu tun haben?
PN: Vielen Dank für Deine ausführlichen Antworten!
[…] da mir das Sammeln von Originalverpackungen einfach zu teuer geworden ist. Die Preise auf den Retromärkten, insbesondere aber auf den einschlägigen Onlineportalen, steigen und steigen und Retrogaming […]
[…] fangen wir von vorne an. Retrobörsen gibt es ja einige in Deutschland, wir berichteten. Aber bisher noch keine im Saarland. Und so gab es am 01.04.2017 – nein, nicht als […]